Abb. 1 Allergisch auf neuen Nagellack
Abb. 2 Reaktion auf Cranberrysaft
Abb. 3 Zahnpasta-Allergie
Abb. 4 Herpes-Virus-Infektion
Abb. 5 Hautirritation durch Lavendelöl
Gesichtsekzeme
Nicht immer sind Kosmetika schuld
Hautausschlag im Gesicht - was in den 50er-Jahren als „Stewardessen-Krankheit" galt, tritt heutzutage immer häufiger auf. Die Ursachen sind vielfältig und reichen weit über eine übertriebene Kosmetik, Zeitverschiebungen und Stress hinaus.
Im Vergleich zur übrigen Haut besitzt die zarte Kutis von Augenlid und Lippenbereich eine geringere Hautdicke und ist daher anfälliger für die Penetration von potentiellen Allergenen. Gleichzeitig ist sie dadurch auch höheren Nebenwirkungen von Therapeutika ausgesetzt. Die erhöhte Steroidrezeptorendichte in der Augenregion erklärt die häufigen Nebeneffekte von Kortison und die Neigung der Haut zu Atrophien.
Dem Gesicht kommt gesellschaftlich die höchste ästhetische Bedeutung zu, was dazu führt, dass der Leidensdruck bei Patienten mit perioraler Dermatitis mitunter erheblich ist. Jedoch erscheint die Mehrheit der Patienten nicht selten mit einer Anamnese von über einem halben Jahr in der Praxis und behauptet, sie hätten „überhaupt keine Ahnung, woher der Gesichtsausschlag kommt". Epikutane Allergietestungen an der dickeren Rückenhaut versagen dabei häufig und geben falsch-negative Ergebnisse.
Hautausschlag durch Zahnpasta
Die Ursachen von Hautausschlag im Gesicht sind vielfältig. Doch wenn das Wartezimmer voll ist, fehlt die Zeit für lange Anamnesen. Einige potentielle Ursachen sind schnell und einfach abzuklären. Bei Frauen sind die Allergene häufig kosmetisch assoziiert. Dazu gehören insbesondere Duft- und Parfumstoffe in Kosmetika und Haarfärbemitteln. Diese können sogar im Gesicht des Partners Ekzeme hervorrufen. Eyeliner, Lidschatten, Mascara oder Lippenstift, Augenbrauenstifte, Wimpernbürstchen und Wimpernformer aus Metall sowie Gesichtsmasken und Wimpernfärbungen können Hautreaktionen hervorrufen. Auch eine doppelt fluorierte Zahnpasta kann die Ursache einer Allergie darstellen (Abb. 3). Bei einer Kosmetikallergie gelangen die Allergene oft erst an die Fingerkuppen und werden dann ins Gesicht verschleppt. Der dort erzeugte Juckreiz führt zum Kratzen und der Teufelskreis beginnt. So kann selbst Nagellack eine Allergie im Gesicht auslösen (Abb. 1). Als Rat für den Patienten gilt daher generell: Hände aus dem Gesicht!
Doch bei der Suche nach dem Auslöser sollte nicht nur an Kosmetikartikel gedacht werden. So kann zum Beispiel bei einigen Frauen das Absetzen der Pille zum Rezidiv ihrer androgenen Akne führen. Auch Allergene, die nicht direkt mit der Haut in Kontakt kommen, können die Übeltäter sein, wie zum Beispiel bei einer Patientin, der vom Heilpraktiker wegen bakterieller Zystitis Cranberrysaft empfohlen wurde (Abb. 2).
Komplikationen nicht unterschätzen
Besondere Vorsicht gilt bei Hautausschlägen, die Risiken für andere Organe wie zum Beispiel die Augen bergen. Bei Herpes-Virus-Infektionen sollte wegen der visusbedrohenden Komplikationen und Hornhautbeteiligung der Augenarzt konsultiert werden. Bei der Therapie gilt es, die Haut genau zu beobachten. Denn in manchen Fällen verschlechtert sich der Zustand der Haut noch weiter. Bei der Frau in (Abb. 4)wurde der Hautausschlag durch eine Allergie auf eine Tromantadin-haltige Salbe zur Behandlung der Herpes-Infektion zusätzlich verschlimmert.
Abzugrenzen ist auch die Rosazea mit Augenbeteiligung. Schwere Komplikationen stellen die Einschmelzung der Kornea sowie Vernarbung der Konjunktiven dar. Im HNO-Konsil fanden sich differenzialdiagnostisch schon oft perinasal Kiefer- und Nasennebenhöhleninfekte. Ein Zahnarzt würde außerdem mitunter perioral kariöse Zähne oder apikale Granulome entdecken.
Bei Kortisonentzug erstmal durch ein Jammertal
Häufig werden Gesichtsekzeme als iatrogene Nebenwirkungen produziert. Insbesondere sind die häufig verschriebenen „tri- und polyvalenten" Allround-Kortisonsalben Auslöser der Hautausschläge. Diese Cremes können zwar alles, aber nichts richtig! Statt dessen sollten Sie bei Allergieverdacht lieber eine l-2,5%ige Hydrocortison-POS-Augensalbe verschreiben. Erfolgt in einer Woche keine Abheilung, gestaltet sich die Behandlung schwieriger. In solchen Fällen sollten Patienten besser an einen Kollegen überwiesen werden.
Denn die Gefahr ist, dass Patienten die externen Kortisone bei nachlassender Wirkung immer stärker dosiert anwenden. In manchen Fällen werden diese zum Zweck des guten Aussehens sogar heimlich über Bekannte und Verwandte besorgt. Doch ein solches Verhalten kann zum Vollschaden für die Haut, einer sogenannte Steroidakne, führen.
Dann hilft nur ein sofortiges Absetzen der Kortisoncreme in Form einer Nulldiät für die Haut und Führung des Patienten durch das Jammertal. Denn nach einem Kortisonentzug verschlechtert sich die Haut zunächst einmal. Doch danach kann dann eine richtige Behandlung zur Verbesserung des Hautbilds erfolgen.
Die Haut braucht Zeit zur Erholung
Zur Basishautpflege wird gerne die Bepanthen Augen- und Nasensalbe® oder Linola Fett® genommen. Wenig bekannt, doch ebenfalls gut geeignet, ist das völlig reizfreie Vaselinum album pro ophthalmicum. Zur Hautberuhigung empfehlen sich Kompressenauflagen mit lauwarmem schwarzen Tee. In schweren Fällen sollten 2-mal 50 mg Minocyclin angewendet werden. Tagsüber kosmetisch gut abdeckend ist die getönte Tetracyclinsalbe (Imex®). Ebenfalls gut geeignet und eigenhändig langjährig getestet ist Rp.: 1% Metronidazol, 1% Zinkoxid in Ungt. emuls. aquos. ad. 30,0 (ohne Konservierungsstoffe).
Teerprodukte sind obsolet und Schwefel wirkt komedogen. Zur Gesichts- und Haarwäsche eignet sich das hypoallergene Physiogel-Shampoo® von Stiefel. Zink (Unizink® 50) wirkt allgemein immer gut für die Hautzellregeneration.
Weisen Sie bitte die Patienten auf die längere Hauterholung und die notwendige Geduld hin. Denn: „Die Natur hat Zeit, der Mensch hat keine!"
Kompakt
Übeltäter auf dem Kopfkissen
In manchen Fällen ist eine Spürnase gefragt, um den Übeltäter aufzudecken. So auch im Fall einer älteren Frau. Schon seit längerem litt diese unter einem vermeindlichen Erysipel (Abb. 5). Auch nach langer Antibiose heilte es nicht ab. Erst als herauskam, dass sie ihr Kopfkissen mit Lavendelöl beträufelt, damit sie besser einschlafen kann, wurde klar, wodurch die Allergie ausgelöst wurde.
Ekzem ist nicht gleich Ekzem
Ein seborrhoisches Ekzem findet sich nie nur an den Lidern, sondern auch an der Stirn-Haar-Grenze. Typisch sind auch die schuppenden Erythemherde im Augenbrauen- und Gehörgangbereich. Im Gegensatz dazu fallen beim atopischen Lidekzem die Verdickung der Lidränder, die doppelte Unterlidfalte und der Verlust der lateralen Augenbrauen auf. Charakteristisch für dieses Ekzem ist auch der dadurch entstehende ängstliche Augenausdruck.
Bläschen statt perfektem Make-up
Ob Lidstrich, Augenbrauen- oder Lipliner - Permanent-Make-up wird immer beliebter. Doch auch hier kann eine Allergie entstehen. So traten bei einer Frau drei Tage nach Injektion eines permanenten Lipliners multiple, dicht stehende Bläschen auf den tätowierten Stellen auf. Diese heilten zwar unter einer Steroidtherapie ab, doch sowohl die tätowierte als auch Teile der eigenen Lippenfarbe fielen dieser zum Opfer. Grund für den Ausschlag war in diesem Fall jedoch nicht die Farbe selbst, sondern eine Verunreinigung mit Nickel, auf das die Frau hochgradig allergisch reagierte.
J Dtsch Dermatol Ges 2005, 3: 527
Ihr Dr. med. Michael Schnicke